Marathonsieg mit Brandy und Strychnin

Wollte da ein Läufer etwa seine Konkurrenz mit Alkohol und Gift ausschalten? Die Erklärung und weitere erstaunliche Details zum Marathonlauf bei den Olympischen Spielen 1904 lesen Sie hier.

Marathonsieg mit Brandy und Strychnin
© Bild von Tumisu auf Pixabay
06.09.2021

Beim Marathon der Olympischen Spiele 1904 in St. Louis ist noch nicht alles so standardisiert wie zu späteren Zeiten. Trotz 32°C Hitze starten die Läufer nicht am kühleren Morgen, sondern um 15 Uhr in der prallen Nachmittagssonne. Nur Start und Zieleinlauf sind im Stadion, der Rest des Rennens findet auf einer staubigen Straße statt. Um es noch schlimmer zu machen, hatte der Chef-Organisator James E. Sullivan nur eine einzige Wasserstation zugelassen – für eine Recherche zum Thema „gezielte Dehydrierung“.

10 Meilen vor dem Ziel liegt Thomas Hicks aus den USA anderthalb Meilen in Führung, ist jedoch so erschöpft, dass er sich kurz hinlegen will. Seine Trainer halten ihn jedoch davon ab und verabreichen ihm stattdessen Brandy gemischt mit Strychnin, denn letzteres soll in niedriger Dosierung das zentrale Nervensystem stimulieren. Nach mehreren dieser „Cocktails“ hat Thomas Hicks Halluzinationen und kann kaum noch laufen. Den Zieleinlauf schafft er dann nicht mehr alleine, seine Betreuer heben ihn hoch und tragen ihn über die Ziellinie, während seine Beine noch in der Luft strampeln, als würde er selbst laufen. Mehrere Ärzte kümmern sich abseits der Rennbahn sofort um ihn, sonst hätte er seinen Sieg wohl nicht mehr lange überlebt.

Doch bei diesem Marathon gab es noch weitere denkwürdige Ereignisse:
- So war Thomas Hicks nicht der erste Sieger dieses Marathons. Zuvor hatte man schon beinahe Fred Lorz (ebenfalls aus den USA) die Goldmedaille umgehängt. Dieser war nämlich als erster nach 3 Stunden und 13 Minuten über die Ziellinie gelaufen. Doch hatte er einfach „abgekürzt“ – nach 9 Meilen hatte er das Rennen abgebrochen und war mit einem Auto zurück Richtung Stadion gefahren. Doch nach der 19. Meile ging das Auto kaputt und Lorz lief dann einfach nur den Rest der Strecke ins Stadion, wo man ihn schon als Sieger feierte. Aber sein Betrug kam ans Tageslicht und er wurde zunächst lebenslang gesperrt, obwohl er behauptete, nur einen Scherz gemacht zu haben. Da man ihm schlussendlich doch Glauben schenkte, wurde seine Sperre auf ein Jahr verkürzt.
- Andarin Carvajal aus Kuba kam es erst in letzter Minute zum Marathonlauf, da er in New Orleans sein Geld verloren hatte und den Rest des Weges trampen musste. Er musste dann auch gleich in seiner Straßenkleidung loslaufen. Unterwegs pflückte er sich während des Rennens ein paar Äpfel, da er schon seit 40 Stunden nichts mehr gegessen hatte, doch die Äpfel waren vergammelt und er musste sich wegen schlimmer Bauchkrämpfe erst einmal hinlegen und ausruhen. Trotz dieser widrigen Umstände kam er noch als 4. Läufer ins Ziel.
- Aufgrund der schlechten Wasserversorgung, der Hitze, der staubigen Straße und den Autos der Offiziellen, die noch zusätzlich Staub aufwirbelten, hatten einige Läufer mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. William Garcia aus den USA war abseits der Strecke mit Beschwerden durch das Einatmen des Staubes zusammengebrochen. Auch John Lordan (Sieger des Boston-Marathons von 1903) und Sam Mellor (Sieger des Boston-Marathons von 1902) mussten mit gesundheitlichen Problemen aufgeben.
-Der Franzose Albert Corey, welcher den 2. Platz errang, wurde als Teilnehmer für die USA gelistet. So gingen alle 3 Medaillen faktisch an die USA.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass es von 32 Läufern aus 4 Ländern nur 14 Teilnehmer ins Ziel schafften – weniger als die Hälfte und die schlechteste Quote überhaupt.

Die Einlaufzeit von Thomas Hicks war die bis dato schlechteste Zeit, und zwar um 29 Minuten schlechter als die Einlaufzeit aus dem Jahre 1900.

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